Keine unmittelbare Patentverletzung bei freier Programmierbarkeit einer Anwendersoftware ohne zusätzliche Anleitung oder bewusstes Ausnutzen des Herstellers

Das OLG Düsseldorf hatte kürzlich einen Fall zu entscheiden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.4.2020 – I-2 U 15/19), in dem es um die Verletzung eines Patents bezüglich eines Repeaters zur Übertragung von Kommunikationssignalen unterschiedlicher Frequenzbänder ging. Unter anderem ist in Anspruch 2 des von der Klägerin eingetragenen Europäischen Patents eine Steuereinheit vorgesehen, die dazu ausgebildet ist, den Sender abhängig von dem Schaltsignal zwischen einem passiven und einem aktiven Betriebszustand umzuschalten.

Das von der Klägerin angegriffene Produkt der Beklagten stellte ebenfalls einen Repeater dar, der sich aber standardmäßig nur synchron schalten ließ. Lediglich durch eine Umprogrammierung der Anwendungssoftware wäre es wenn überhaupt möglich gewesen, den Repeater der Beklagten erfindungsgemäß so zu programmieren, dass die Steuereinheit dazu ausgebildet ist, den Sender abhängig von dem jeweiligen Schaltsignal für jedes Frequenzband separat zwischen dem passiven und dem aktiven Betriebszustand umzuschalten.

Anders als das LG Düsseldorf als Vorinstanz nimmt das OLG Düsseldorf an, dass die Beklagte keine (unmittelbare) Patentverletzung begangen hat. Das OLG begründet dies damit, dass die Umprogrammierung der Anwendungssoftware durch die Verwender der Beklagten nur zuzurechnen sei, wenn die Beklagte diese Programmierung als letzten Herstellungsakt angeleitet oder zumindest bewusst ausgenutzt habe. Dafür lägen vorliegend keine Anhaltspunkte vor. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Handbuch für das Produkt der Beklagten und aus den in Bezug genommen Ausschreibungsunterlagen ergäbe sich keine Anleitung durch die Beklagte bezüglich der Verwirklichung der angegriffenen Verletzungsform. Auch ein haftungsbegründendes bewusstes Ausnutzen vermag das OLG Düsseldorf nicht zu erkennen. Dafür wäre es notwendig gewesen, dass die Beklagte die eigenmächtige Aktivierung der patentgeschützten Funktion durch ihre Abnehmer nicht nur billigend in Kauf nehme, sondern gezielt und bewusst für sich ausnutze. Das sei vorliegend nicht der Fall.

Pesch merkt in GRUR-Prax 2020, 374 zurecht an, dass die vorliegende Entscheidung die etablierte Rechtsprechung des OLG Düsseldorf bestätigt, die auch die Münchener Gerichte anzuwenden scheinen. Eine unmittelbare Patentverletzung durch den Lieferanten, dessen Produkt nicht von sich aus sämtliche Anspruchsmerkmale eines Patents aufweist, das aber durch eine Ergänzung durch Dritte sämtliche Merkmale aufweist, liegt nur vor, wenn der Lieferant die Dritten zu der Ergänzung anleitet oder deren Bereitschaft dazu bewusst ausnutzt. Es bleibt abzuwarten, ob sich auch der BGH demnächst mit dieser Frage auseinandersetzen muss und ob er sich den Entscheidungen aus München und Düsseldorf anschließen wird.

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